Nun blogge ich schon ein kleines Weilchen hauptsächlich über koreanische Küche, und dennoch habe ich ein grundlegendes Kapitel bis jetzt außen vor gelassen: Jang.
Das muss sich sofort ändern.
Jang, das koreanische Wort für Würzpaste bzw. Würzsauce, versteckt sich als solches u.a. in DoenJANG (Sojabohnenpaste), GanJANG (Sojasauce), GochuJANG (Chilipaste). Diese drei Jangs bilden die Dreifaltigkeit in der koreanischen Küche. Ohne sie läuft nichts und mit ihrer Qualität steht und fällt jedes Familienrezept. Wirklich ambitionierte koreanische Köche erkennt man daran, dass sie diese drei Grundgewürze mit größter Sorgfalt selbst herstellen und mehrere Jahre in riesigen Behältnissen aus Ton (Onggi bzw. Hangari) reifen lassen.
Nach dieser Definition habe ich persönlich noch einen weiten Weg vor mir. Ich durfte früher meiner Halmonie/Oma und meiner Mutter nur über die Schulter schauen, wie sie in dampfenden Töpfen und Schalen kräftig gerührt und gestampft haben. Aus der Rolle des Beobachters und sporadischen Handlangers kenne ich daher nur die graue Theorie, nicht die alles entscheidende Praxis.
Die eigenhändige Herstellung von Doenjang, Ganjang und Gochujang hebe ich mir allerdings noch für die Zukunft auf, heute möchte ich euch vielmehr zeigen, was man mit diesen Grundzutaten macht bzw. wie man aus nur fünf Grundrezepten viele koreanische Gerichte würzen und verfeinern kann.
Denn wer von euch mit gewisser Regelmäßigkeit koreanisch kocht, isst oder zumindest koreanische Rezepte liest, wird es längst bemerkt haben. Die Würzungen, Saucen und Dips ähneln sich oft bzw. wiederholen sich sogar. Und wer sehr genau hinschaut, kann auch eine Systematik dahinter erkennen. Klassisch gilt: bei Sesamöl kein Essig und bei Essig kein Sesamöl. Weiterhin kann grundsätzlich zwischen Saucen auf Basis von Gochujang oder Sojasauce unterschieden werden.
1. Gochujang mit Sesamöl aka Bibimjang
Die klassische Sauce für Bibimbap, aber auch für jegliche Bibimguksu-Varianten (Oberbegriff für gemischte Nudeln) geeignet wie Mak Guksu (gemischte Nudeln aus Buchweizen), Yeolmu Guksu (Nudeln mit Yeolmu Kimchi), Bibim-Naengmyun (die scharfe, trocken gemischte Version von Naengmyun).
Ich habe diese Sauce (leicht verdünnt) sogar schon zum interkontinentalen Krustenschwein nach Momofuku Art serviert.
Grundrezept Bibim Jang (Maßlöffel):
4 EL Gochujang (alternativ 4 großzügig gehäufte „normale“ Teelöffel)
2 EL Apfelsaft
2 TL Zucker
2 TL Sesamöl
2 TL geröstete Sesamkörner
2. Gochujang mit Essig aka Cho Gochujang
Perfekt als Dipsauce für blanchiertes (z.B. Brokkoli, Kombu-Algen, junge zarte Lauchzwiebeln) oder rohes Gemüse (Chicoree, Gurken, Möhren). Diese Sauce wird in Korea neben Wasabi mit Sojasauce zu Hoe/Sashimi und zu allen rohen Meeresfrüchten serviert. Ist auch ein toller Begleiter für blanchierte Tintenfische, Oktopusse, Garnelen oder gegrillte Stabmuscheln.
Grundrezept Cho Gochujang:
4 EL Gochujang
4 TL Ume-Pflaumensirup
4 TL Apfelessig
ca. 1-2 EL Wasser/Fruchtsaft/Limonade je nach gewünschter Konsistenz
(bei Wasser zusätzlich eine kräftige Prise Zucker – in Korea wird oft Chilsung Cider verwendet, die koreanische Interpretation von Sprite, ich nehme meist Apfelsaft)
3. Ganjang mit Sesamöl aka Yangnyeom Ganjang
Obligatorisch für Weizennudeln in milder Dashi-Brühe oder Reis mit gedämpften Sojasprossen (Kongnamul Bap), pikante Gelees aka Muk (aus Eichelnuss oder Mungbohne), als Würze zu gegrillten Venus- und Herzmuscheln oder einfach nur zu frischem Tofu (molliger, kaum gepresster und noch lauwarmer Tofu vollkommen pur, nur mit dieser Sauce und reichlich Lauchzwiebelringen bestreut, ist ein Gedicht). Je nach Bedarf kann mit Dashi-Brühe bzw. Wasser leicht verdünnt werden oder, falls dicklichere Konsistenz gewünscht, einfach mehr Gemüse zugegeben werden.
Grundrezept Yangnyeom Ganjang:
5-6 EL Sojasauce
2 EL Sesamöl
2 TL Sesamkörner, geröstet
1 TL Gochugaru
Lauchzwiebel in feinen Ringen
optional:
1 Knoblauchzehe, fein zerrieben
Schnittlauch oder Buchu
grüne oder rote Chilis
Variation: Sesamöl mit Essig ersetzen (eine kleine Prise Zucker als Kontrast noch hinzu) und zu gebratenem oder gegrilltem Fisch (vorzugsweise fette wie Makrele) servieren
4. Sojasauce mit Essig aka Cho Ganjang
Diese relativ dünne Sauce ist der kongeniale Partner zu fleischgefüllten Mandus (ob gedämpft, gekocht oder gebraten) und Frühlingsrollen. Passt mit der deutlichen Säurenote grundsätzlich zu allen frittierten und gebratenen Speisen wie z.B. pikante Gemüsepfannkuchen.
Grundrezept Cho Ganjang:
4 EL Sojasauce
2 EL Apfelessig
2 TL Gochugaru (optional)
2 TL Ume-Pflaumensirup
(zu Cho Ganjang wird oft kein Sesam gegeben, ich habe hier zu Dekorationszwecken ein paar Körner rieseln lassen)
Auf Basis dieser vier Grundrezepte lassen sich viele weitere Dressings oder Marinaden aufbauen. Im Frühjahr liebe ich beispielsweise bitteren Catalogna- oder Löwenzahnsalat (Mindeullae Gutjuri) mit einem Dressing aus Yangnyeom Ganjang, das zusätzlich mit Balsamico und Olivenöl verfeinert wurde.
Das fünfte Grundrezept basiert auf Doenjang, die fermentierte Sojabohnenpaste. Die meisten Leute assoziieren bei koreanischer Küche zunächst die Schärfe und Röte einer Chilischote. Doch die wichtigere und viel ältere Pflanze in der koreanischen Gewürzküche ist die ausgesuchte Lieblingsfeindin des Herrn Pollmer und der Milchlobby: die oft gescholtene Sojabohne (dabei muss man sie nur richtig zu nutzen wissen).
Sie dient als reine Basis von Doenjang. Im Gegensatz zu Miso wird bei der Herstellung von Doenjang kein Reis oder anderes Getreide zugegeben, was den Geschmack kräftiger und tiefer macht als beim japanischen Pendant. Und bei dieser Paste, die niemalsnie einen Schönheitswettbewerb gewinnen wird, gilt ähnlich wie bei Stinkekäse: nicht riechen, nur essen.
Treffen nun Doenjang und Gochujang aufeinander, entsteht eine neue Sauce, welche die besten Eigenschaften beider Pasten (die kräftige Umaminote von Doenjang und die runde süßliche Schärfe von Gochujang) in sich vereint: Ssamjang. Nicht alle mögen Doenjang, doch alle mögen Ssamjang. Meiner Erfahrung nach macht sie sogar alle auf Anhieb süchtig.
5. Ssamjang

v.l.n.r. Doenjang, Gochujang, Ssamjang
DIE Würzpaste zum Korean Barbecue aka Bulgogi oder zu Samgyeobsal (pur gebratener Schweinebauch), wird aber auch zu Salatblättern und grünen Chilischoten zum Wickeln (Ssam) und Dippen gereicht. Oft kann ich schmunzelnd und staunend beobachten, wie diese Sauce nach Vorbild eines Nutellabrotes dick und großflächig auf ein Salatblatt geschmiert wird. Dabei ist eine erbsengroße Menge (was eben auf eine Stäbchenspitze passt) dieser doch sehr salzigen würzigen Paste vollkommen ausreichend. Aber alles bleibt natürlich eine Frage des Geschmacks.
Grundrezept Ssamjang:
3 EL Doenjang
2-3 EL Gochujang (je nach gewünschtem Schärfegrad)
1 TL Sesamöl
Prise Zucker
etwas Sesamkörner
optional zerriebener Knoblauch
Ssamjang de luxe: zusätzlich feingehackte Zwiebeln, Schnittlauch/Buchu, Nüsse (Walnüsse, Mandeln etc)
Tipp: Alle Mengenangaben sind für 4 Portionen (ein Schälchen) und unter Verwendung von Maßlöffel gedacht.
Maesil bzw. Ume-Pflaumensirup habe ich mittlerweile immer öfter in DE gesehen. Dieser Fruchtsirup wird aus unreifen, noch grünen Ume-Pflaumen hergestellt, schmeckt süß-säuerlich mit dem komplexen fruchtigen Aroma der asiatischen Pflaume. Wer den Sirup nicht findet, kann diese Zutat überspringen, aber eine Spur Maesil verfeinert viele Dips und Dressings. Mit Wasser (kalt oder warm) aufgegossen ist dieser Sirup auch ein beliebtes Getränk, das gerne zur Verdauungsförderung nach einem reichhaltigen Essen gereicht wird.
Gerade seit heute rumort in mir der Gedanke an einen zweiten Versuch mit Kimchi. Eigentlich bin ich noch nicht ganz sicher. Aber andererseits brauche ich nur in Dein Blog zu sehen und dann stelle ich mir vor, wie Du sagst, „Du willst es doch auch“… – schwierig!
haha, ja genau. klingt ja fast wie eine drohung…
Ich mache ein grosses Eselsohr auf dieser Seite, die merke ich mir!
ich bin jetzt schon gespannt, wie du diese grundrezepte für dich adaptieren und kombinieren wirst, eline. auf dein geschmacksgedächtnis bzw. kombinationsvorschläge ist stets verlass.
super, danke! ich bin ja ein riesiger Saucen- und Dip-Fan und immer dankbar für neue Inspirationen :-)
Nachdem ich letztens ja auch mal wirklich toll koreanisch gegessen habe, muss ich unbedingt einiges davon ausprobieren.
und irgendwann musst du mir erzählen, welches restaurant dich so begeistert hat…
In Heidelberg, es heißt einfach Korea ;-) Optisch kein Highlight, aber wirklich tolle Küche.
ah, danke für die antwort, britta. gut zu wissen.
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Ich bin so froh, dass ich deinen Blog gefunden habe!!! Ich bin seit Kurzem schwer verliebt in koreanisches Essen, nicht nur verliebt, sondern süchtig. Schuld ist ein tolles Schnellrestaurant hier in Stuttgart („Mandu“) und weil ich es wunderlich fände, jeden Tag hinzugehen, muss ich jetzt mal selber ran.
Heute Abend gehe ich Zutaten einkaufen und dann geht’s los!
Liebe Grüße aus dem Holunderweg
Natalie
Schön, dass Du da bist, Natalie. Da bin ich gespannt, was Du zuerst nachkochen wirst. Deine Maronen-Knoten werde ich auch mal probieren. Ich habe mal ähnliches gemacht, aber gedämpft statt gebacken: mit Creme de marrons gefüllte „steamed buns“. Waren guuut!
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